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Kunst-Kontroversen:Steirische Positionen 1945-1967

Verantwortlicher Autor: Carlo Marino Rom/Graz, 04.03.2019, 13:15 Uhr
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Rom/Graz [ENA] Von 15.06.2018 bis 06.01.2020 die Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, präsentiert die Ausstellung: Steirische Positionen 1945-1967. 1945–1967 ist eine Zeit, voll von Grundgedanken aus dem vergangenen NS-Regime und geprägt vom Aufbruch in neue Möglichkeiten der Kunst. Andererseits, in den frühen 1970er Jahren fanden, ausgehend von New York, erstmals gewichte internationale Auktionen zeitgenössischer Kunst

statt, deren große Erfolge sich im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs in den achtziger Jahren auch auf die Marktbewertung der Moderne auswirkten. Künstler/innen, die zu ihrer Zeit neue Wege in der Kunst beschritten sei es in den Themen oder bildnerischen Mitteln lösten nicht selten Kontroversen aus, worin sich nicht nur künstlerische Auffassungsunterschiede spiegelten, sondern mehrerlei auch gesellschaftliche, politische oder ganz allgemein weltanschauliche Standpunkte teils nachtragend gegenüberstanden. Peter Peer kuratierte die Ausstellungs verschiedene Aspekte der Zeit nach 1945, die von den Ereignissen der jüngeren und jüngsten Geschichte massiv beschattet und von tiefen Gräben durch die Nachkriegsgesellschaft gezeichnet wurde.

Im Bewusstsein um die historische Last versuchte man ein neues Selbstverständnis zu finden, wozu die bildende Kunst beitragen sollte, doch waren die Wege dahin höchst umstritten. Im österreichischen Kubismus, zum Beispiel, ist der dargestellte Gegenstand meist gut erkennbar. Formen werden dekonstruiert und Dinge flächig und mit intensiven Farben gemalt. Gegenstände von allen Seiten und Richtungen gleichzeitig zu zeigen, war im österreichischen Kubismus weniger interessant. Der klassische Kubismus wird im Zeitungsartikel „Kinder sehen Picasso“ stark kritisiert und banalisiert. Auch Picasso war einer der Künstler, die in der Zeit des Nationalsozialismus verachtet wurden.

Das empfindliche Gleichgewicht zwischen Gegenstand und Abstraktion ist bei Emanuel Fohn zu sehen. Die übereinander hängenden Werke Stillleben mit Äpfeln, Abstrakte Komposition und Abstraktion zeigen, dass auch Fohn zwischen Abbildung und Reduktion schwankt. Das Stillleben ist ein bekanntes Thema aus der Kunstgeschichte, das ebenfalls immer wieder in der Ausstellung zu finden ist. Die Ausstellung der Neuen Galerie Graz möchte diese Polarität, in welcher sich „zeitgenössische“ Kunst zu allen Zeiten bewegt hat und der sie sich beständig stellen muss, anhand des Zeitraumes von 1945 bis in die späten 1960er-Jahre beweisen, wo sich in Graz und in der Steiermark in einem zunächst offenen Feld der Möglichkeiten Verfechter/innen der Avantgarde

und „traditionsverbundene“ Künstler/innen teils aufhetzte Kämpfe um die Hegemonie im Bereich der bildenden Kunst eingeliefert haben. Im Unterschied zu den zahlreichen historischen Konflikten zwischen Avantgarde und Tradition wurde die Situation in Österreich nach 1945 zusätzlich um ideologische Ressentiments verschärft, die sich beginnend mit dem Untergang der k. u. k. Monarchie infolge des Ersten Weltkriegs, den politischen Kämpfen der Zwischenkriegszeit und deren Vergrößerung im Bürgerkrieg von 1934 sowie der darauf folgenden Katastrophe des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs mit all ihren mentalitätsspezifischen Folgeerscheinungen gebildet haben.

In der konsequenten Verteidigung künstlerischer Traditionen sahen die einen jenen Rest von Werten gesichert, die auf vielen anderen Gebieten verschwunden schienen. Nur die gegenständliche Kunst konnte Mittler christlicher Wertvorstellungen sein, derer es nach den Katastrophenjahren mehr denn je bedurfte. Auf der anderen Seite standen die Verfechter/innen der zeitgenössischen Kunst, die sich von den künstlerischen Themen und

und Stilen der Vergangenheit, welche sich aus ihrer Sicht von den Regimen korrumpieren hatten lassen und die Katastrophe auf der Ebene der Kunst mitbefördert hatten, auf jeden Fall distanzierten. Das intensive Engagement für die moderne und zeitgenössische Kunst setzte auch ein deutliches Zeichen gegen das regressive gesellschaftspolitische Klima der Nachkriegszeit. Nicht wenige Künstler/innen bewegten sich zwischen diesen Bereichen und suchten Moderne und Tradition zu verbinden, um dabei letztlich zwischen die Fronten der zeitweiligen Lager zu geraten.

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