Othmar Peter Hartmann "Berg Sinai"
Wien [ENA] Othmar Peter Hartmann (1898-1973) hat erst am Ende seines Lebens mit abstrakten Aquarellen, zu den aus der christlichen Bildtradition stammenden Motiven, Stellung genommen. So soll es sich bei diesem Aquarell um die Darstellung des "Berg Sinai" handeln, auf dem die Zehn Gebote geoffenbart wurden.
Eine für die jüdisch-christliche Kultur unerhört fundamentale Überlieferung, die natürlich auch für die bildende Kunst von Bedeutung ist. Dass sich Hartmann immer wieder von biblischen Themen inspirieren ließ, ist kein Zufall, denn Mystik und Wunder lassen Künstlern viel Raum für ihre eigene geistige Entwicklung. Welche unerhörte geistige Kraft liegt aber in der Vorstellung des Wunders am Berg Sinai! Mit Exodus 19 beginnt die Sinai-Erzählung, in der die aus Ägypten befreiten Israeliten am Berg Sinai von "Jhwe" als Bundesvolk erwählt wurden. In einer Erscheinung hat sich Gott ihnen offenbart und auf zwei Steintafeln die Zehn Gebote geschrieben, die auch ein Bilderverbot beinhalten, das die Abbildung fremder wie eigener Gottheiten verbietet.
Das Bilderverbot hat im Christentum eine andere Richtung genommen, denn das Gebot "du sollst dir kein Gottesbild machen" wurde nicht kanonisiert und schon im Hellenismus abgelehnt. Wie die Geschichte der christlichen bildenden Kunst zeigt, waren Gottesdarstellungen schon immer eine große künstlerische Herausforderung für viele Maler und Bildhauer und eine Fülle von großartigen bis weniger guten Kunstwerken wurden geschaffen. Othmar Peter Hartmanns abstraktes Aquarell "Berg Sinai" fasst das Thema äußerst gutmütig und freundlich und lässt im Farbenspiel und im Zusammenspiel der zwei großen Einheiten Himmel und Erde Raum für die ganze Dramatik religiöser Offenbarung.